Medienkritik Text: omg

Hey SRF, was geht denn bei euch ab?

Die Sparprogramme des Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) und einige Faux-pas lassen die Frage aufwerfen, was beim SRF intern abgeht. Eine Medienkritik am öffentlich-rechtlichen Medienhaus der Schweiz.

Hey SRF, was geht denn bei euch ab? Ihr produziert eine Doku, die mehr Werbevideo für die rechtsextreme Gruppierung Junge Tat ist als eine kritische, journalistische Reportage. Ihr habt Kultur- und Gesellschaftsformate wie den Kanal We, Myself and Why, den Podcast Zivadiliring und den Kulturkanal auf SRF 2 abgesetzt. Die beiden ersteren klar feministische Formate von Frauen für Frauen. Nun folgt auf Ende Jahr die Streichung des Wissenschaftsmagazins sowie ein Stellenabbau in den Ressorts Kultur und Wissenschaft, sowie Kürzungen in weiteren Programmen.

Jüngst erlaubte sich Stefan Büsser in der Late Night Show des SRF einen rassistischen und islamfeindlichen Witz auf Kosten von Vera Çelik, eine kopftuchtragende SP Politikerin. Büssers «Satire» richtet sich nicht zum ersten Mal gegen unten anstatt, wie für gute Satire üblich, gegen oben. Und was macht das SRF: sie verteidigen den sogenannten «Witz» von Büsser. Büsser selbst versucht sich mit einem Entschuldigungsvideo aus der Sache rauszureden. Dabei schiebt er Verantwortung auf die betroffene Person ab und meint in paternalisierendem Ton, dass die mediale Schlammschlacht hätte verhindert werden können, wenn Çelik das persönliche Gespräch gesucht hätte. Weder SRF noch Büsser schaffen es, die Worte zu finden, die es in diesem Fall gebraucht hätte. Çelik selbst ist die Einzige, die auf den Punkt bringt, dass Büsser und das SRF hier versagt haben und die Verantwortung dieses Versagens auf eine 19-jährige Politikerin ohne Medienstelle und ohne grosse Internetreichweite im Rücken abwälzen. Das ist nicht nur feige, sondern unprofessionell. Die Late Night Show in der aktuellen Form ein unnötiges Format des SRF, in dem zwei Männer Witze auf Kosten anderer machen, bleibt weiter im Angebot. Während andere relevantere Formate, eingestellt werden.

Kultur-, Gesellschafts- und Wissenschaftsformate tragen zu einer vielseitigen und offenen Gesellschaft bei und stärken die Demokratie. Sie sind jene Formate, deren Absetzung vor allem konservativen und rechtspopulistischen Kräften in die Hand spielen. Tatsächlich ist es sogar eine Strategie rechter Kräfte, die Medienvielfalt einzudämmen.

Wie kommt es, dass das Schweizer Radio und Fernsehen, das durch die Bevölkerung finanziert wird und damit ein Service Public ist, solche demokratiegefährdende Entscheidungen trifft?

SRF zeigt sich bezüglich Abbaukritik unreflektiert. Wie ein Mantra lautet die Argumentation, man wolle Programme schaffen, die mehr Menschen abhole – Reichweite und Interaktion seien laut SRF die entscheidenden Faktoren. Was ist denn mit all jenen Menschen, die nach Ankündigung der Streichungen klar geäussert haben, dass die Absetzung nicht erwünscht und problematisch ist? Die Entscheidungen des SRF wirken willkürlich: so, als würde das SRF sich bereits rechtspopulistischen Kräften beugen, bevor diese überhaupt zur Tat schreiten konnten; Stichwort Verhalbierungsinitiative der SVP, die die SERAFE Beiträge auf 200 CHF kürzen wollen und noch nicht mal vor dem Volk war. Könnte es sein, dass im SRF Personen in Verantwortungspositionen sind, deren Interessen nicht mit den Interessen eines öffentlichen, rechtlichen Fernsehens übereinstimmen?

Anita Richner ist die Produktionsverantwortliche der SRF rec Ausgabe über die Junge Tat und ebenfalls verantwortlich für die Absetzung des Podcasts Zivadiliring. Sie ist verheiratet mit Markus Somm, der 2020 die Satirezeitschrift Nebelspalter aufkaufte. Seither ist er Chefredakteur des mittlerweile rechtspopulistischen Magazins. Somm nannte die AfD jüngst an einem Kongress in Zürich, an dem Alice Weidel auftrat «überhaupt nicht rechtsradikal». Wer sich auf seinem Magazin Nebelspalter verirrt, findet sich ins Somm’s rechtspopulistischen Gedankenverirrungen wieder, in denen Wissenschaftlichkeit keine Rolle spielen. So werden schnell Asylsuchende zu den häufigsten Tätern, wenn es um schwere Gewalt und Vergewaltigung geht, auch wenn die Statistik etwas anderes sagt. Es ist zwar nicht möglich, klare Rückschlüsse von Somm’s Gesinnung auf diejenige seiner Frau Anita Richner zu ziehen. Trotzdem wirft dies die Frage auf, ob bei SRF noch weitere Personen in Verantwortungspositionen sitzen, die Verbindungen in rechtspopulistische und rechtsextreme Milieus haben.

Betrachtet man diese Vorfälle und Entscheidungen stellt sich nicht nur die Frage, wer bei SRF Verantwortung trägt und damit die Richtung des SRF mitbestimmt, sondern auch, ob es im SRF an Strukturen mangelt, um die kritische Reflexion von Beiträgen zu gewährleisten.

Deshalb: Hey SRF, zeigt mal Rückgrat, so wie es sich für ein öffentlich-rechtliches Medienhaus gehört. Kritisch bleiben, Fehler eingestehen und korrigieren gehört da selbstverständlich dazu. Ihr habt schliesslich eine wichtige Funktion zur Förderung der Demokratie. Es ist wichtig, dass das so bleibt.