Klimaaktivismus Text: xrg | Bild: fuh

Gemeinsam für Klimagerechtigkeit

In Basel und Zürich fanden Aktionen massenhaften zivilen Ungehorsams gegen die umweltschädlichen Machenschaften des Schweizer Finanzplatzes statt. Den Aktivist*innen drohen nun harte Strafen.

Die Basler Voltamatte lebt! Am Samstagabend, zwei Tage bevor sich hunderte Menschen vor die Eingänge der Hauptsitze von CS und UBS setzen und diese mit ihren Körpern blockieren, ist von Hektik noch nicht viel zu spüren. Für das Klimacamp, das in der Woche vor der Aktion stattfindet, wurde die Rasenfläche friedlich besetzt – bis zum Wochenende gab es noch keinen Polizeikontakt und die Stimmung ist ruhig: Kinder spielen Fussball, Jungs rangeln auf dem Rasen, ein junger Typ sticht sich von Hand sein Hammer-Sichel-Tattoo nach. Im Zentrum des Platzes, auf dem auch ein rege benutzter Kinderspielplatz Familien zum Verweilen und zum Austausch mit den Aktivist* innen einlädt, steht ein Tipi-Zelt, das während der Woche Bühne für verschiedene Konzerte und Vorträge war. Im Abendplenum des Camps werden Menschen gesucht, die Aufsichtsschichten in der Nacht übernehmen und die Komposttoiletten putzen, in der Küche helfen und Flyer verteilen. Danach gibt es erste Ankündigungen im Zusammenhang mit der Aktion: Menschen für Transporte von Blockadematerial – Baumabschnitten und sonstigem Grünzeug – werden benötigt, aber natürlich auch Menschen, die die Eingänge der Bankgebäude mit ihren Körpern blockieren wollen.

Ziviler Ungehorsam gegen die Ohnmacht

Drei Monate vor den Aktionstagen begannen die intensiven Vorbereitungen. Dabei sei es, sagt Frida, Pressesprecherin der Aktion, hilfreich gewesen, dass die Organisierenden schon auf die Expertise von zwei vergangenen Camps zurückgreifen konnten. Auch der Austausch mit anderen Klimacamps sei wichtig für die Vorbereitungen gewesen. Man beachte, «genauso wenig wie das Klima», Landes und Stadtgrenzen. Das Collective Climate Justice (CCJ), die Gruppe hinter der Aktion, ist in der internationalen Klimabewegung gut vernetzt. Für die Aktion wurden viele Aktivist*innen aus dem nahen Ausland erwartet. Das CCJ organisiert die Aktionen in Basel jährlich seit 2017, damals fanden unter dem Namen «Climate Games» verschiedene kleinere Aktionen statt, darunter eine im Basler Kunstmuseum, die sich gegen dessen Sponsor, die Credit Suisse, richtete. 2018 blockierten Aktivist*innen während den Aktionstagen den Basler Ölhafen. Der Schweizer Finanzplatz, der als Ziel für die Aktionen in diesem Jahr bestimmt wurde, sei deutlich abstrakter. Geldflüsse können in Zeiten des Internets und Speed-Trading nicht blockiert werden, deshalb hätten die Aktionen in diesem Jahr, sagt Frida, vor allem einen symbolischen und informativen Charakter. Aktionen wie diese sind nicht ohne; Eine Blockade erfordert Geduld und den Mut, sich bei einer allfälligen Räumung abtransportieren zu lassen. Ein gemeinsamer Akt massenhaften zivilen Ungehorsams ist aber auch Ausbruch aus der Ohnmacht und Isolation der erdrückenden Klima-Stagnation. Aktionen wie diese setzten, sagt Frida, oft ungeahnte Kräfte frei. «Auf einer Blockade geht es einem sofort besser, man spürt die Energie der anderen und die Verbundenheit, man sieht die gleiche Not in ihren Augen, wie man sie im eigenen Herzen spürt. Es gibt keinen besseren Wohlfühlort für klimagerechtigkeitsbewegte Menschen als in einer Blockade.»

Schweizer Banken – Umweltsünderinnen ohnegleichen

Auf Schweizer Bankkonten, bei Pensionskassen und Versicherungen lagen Ende des Jahres 2017 siebentausendzweihundert Milliarden Franken (7’200’000’000’000.-). Der Schweizer Finanzplatz ist damit einer der grössten der Welt. Spidermans Onkel Ben sagte einst: «Mit grosser Macht kommt auch grosse Verantwortung» – falsch liegt jedoch, wer glaubt, Finanzunternehmen aus der Schweiz nähmen diese wahr. Der Finanzplatz ist Schweizer Umweltverschmutzer Nummer eins. Greenpeace veröffentlichte im Jahr 2019 Daten, die zeigen, dass die UBS seit dem Pariser Klimaabkommen 25 Milliarden US-Dollar, die CS gar 57 Milliarden zur Finanzierung von fossilen Brennstoffen investierte. Sie haben damit beide einen Platz in den Top 25 der klimaschädlichsten Banken weltweit erreicht. Neben den Banken stecken auch Versicherungen und Pensionskassen einen grossen Teil ihres Kapitals in Firmen, die klimaschädliche Geschäfte betreiben, Autos bauen, Erdöl pumpen, Pipelines in die Landschaft ziehen – alles in der Hoffnung auf gute Renditen. Dies zeigt eine Studie des Bundes aus dem Jahr 2019. Sie untersuchte das Investitionsverhalten von 79 Pensionskassen und Versicherungen und kommt zum Schluss, dass der Schweizer Finanzplatz mit seinen Investitionen einen Klimawandel von vier bis sechs Grad Celsius unterstützt. Der Finanzplatz verursacht nach Schätzungen der «Klima Allianz» mit seinen Investitionen 22 mal so viele Emissionen, wie die Schweiz direkt ausstösst.

Den «Geldhahn zudrehen»

Es ist also an der Zeit, den schmutzigen Banken den «Geldhahn zuzudrehen», wie dies das CCJ fordert. Bankangestellte der CS und der UBS, die am Montagmorgen des achten Juli in ihr Büro wollten, um ihren ganz persönlichen Beitrag zur Zerstörung unserer Umwelt zu leisten, wurden mit einer aussergewöhnlichen Situation konfrontiert. Hunderte Aktivist* innen in weissen Anzügen blockierten die Eingänge des Credit-Suisse-Hauptsitzes am Paradeplatz in Zürich und die des Hauptsitzes der UBS in Basel – an Fahrrädern oder Türen festgekettet, in einem grünen Umfeld voller mitgebrachter Zimmerpflanzen und Grünabschnitten. In Zürich konnte die Blockade drei, in Basel gar acht Stunden aufrecht erhalten werden. Danach zeigte die Staatsgewalt mit vollem Einsatz, auf welcher Seite sie in der Klimadebatte steht. Nicht die Klimasünder*innen aus den Chefetagen der Banken wurden abgeführt, nein, die Polizei ging, teilweise übertrieben gewaltsam, gegen die Aktivist*innen vor und räumte die Plätze vor der UBS und der CS. In Zürich wurden sechzig, in Basel zwanzig Menschen aufgrund ihres legitimen Einsatzes gegen die Zerstörung der Umwelt in Gewahrsam genommen. In Basel sogar in einer Stadt, die die leere Worthülse des «Klimanotstands » ausgerufen hat. Die Aktivist*innen mussten teilweise bis zu 48 Stunden, dem maximal möglichen Zeitraum für Polizeigewahrsam, auf dem Posten bleiben. Ihnen drohen nun harte Strafen, es scheint als möchte die Basler Justiz den jungen Aktivist*innen mal «zeigen wo der Hammer hängt». Doch wenn einige fehlen, rücken andere nach. Solidarisch organisierten sich in der Folge Knastspaziergänge und Kundgebungen. Am Mittag des nächsten Tages, symbolisch um fünf vor zwölf, mussten die Filialen der UBS und der CS am Bankverein in Basel schliessen – rund zweihundert Menschen, Jung und Alt, bildeten eine Menschenkette vor den Eingängen. Nach den Aktionen war das Medieninteresse gross. Gestandene Schweizer Zeitungen schossen sich auf die Frage ein, ob die radikalen Aktionsformen kontraproduktiv für die Klimabewegung seien oder nicht und wie gross das Verschulden des Finanzplatzes an der Klimakatastrophe ist. Damit beackerten sie die Diskussion, die die Aktion selbst eröffnete. Medial war die Aktion ein voller Erfolg, persönlich kann sie für die Teilnehmenden aber noch langwierige Konsequenzen haben. Die Strafbefehle betragen nach heutiger Schätzung mindestens 64’000 Franken. Auf campax gibt es die Möglichkeit, die Aktivist* innen finanziell zu unterstützen und ihnen zu zeigen, dass sie nicht alleine kämpfen.

Collective Climate Justice www.climatejustice.ch

Spenden auf campax www.campax.org/de/spende-climate-justice